Der erste und zweite Weltkrieg trieben das Denken, das Erleben der Welt vom Glauben an übergeordnete, «absolute» Autoritäten in die Suche nach der eigenen, persönlichen Existenz. Was bleibt, wenn alles zusammenbricht, wenn die grossen Autoritäten ausser Kraft gesetzt werden? Der Mensch wird auf sich selbst zurückgeworden, auf sich alleine, schrieben Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Simone de Bauvoir, die drei zentralen Philosophen und Schrifsteller, in unterschiedlichen Ausformungen. Zentraler Pfeiler des existenzialistischen Denkens ist die Vorstellung, in die Welt geworfen zu sein, ohne absolute Wahrheiten, ohne verlässliche Anker, ohne Ausrichtung auf Gott, den Staat, das Vaterland, mit der Pflicht, diese Freiheit anzunehmen und sich selbst aus dem Nichts eine Welt zu bauen. «Das Wesen des Daseins ist seine Existenz” und «Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt.» Das sind die wohl berühmtesten Thesen des Existenzialismus. Freiheit heißt, individuell die Möglichkeit zu haben, ohne Zwang oder Druck von außen zwischen zwei oder mehreren Handlungsoptionen entscheiden und agieren zu können. Freiheit umschreibt demnach eine Selbstbestimmung - eine Autonomie - des Menschen und zugleich, so Jean-Paul Sartre, eine Verpflichtung, ja eine Verurteilung des Menschen zur Freiheit, weil alle anderen einst absoluten Pfeiler des Daseins sich aufgelöst haben.
Simone de Bauvoir schrieb in «Soll man de Sade verbrennen?»: «Eine solche Haltung bedeutet zunächst einmal, dass der eigentliche Mensch es ablehnt, ein fremdes Absolutes anzuerkennen. Wenn er nicht mehr ausserhalb seiner selbst die Garantie seines Daseins sucht, dann weigert sich auch, an absolute Werte zu glauben, die sich als Sachen vor seiner Freiheit erheben würden. Nur das Subjekt kann sein Dasein rechtfertigen. Kein fremdes Subjekt, kein Objekt kann ihm von aussen Rettung bringen.» Begriffe wie Volk, Nation, Vaterland haben sich durch die beiden Weltkriege aufgelöst. Das Vertrauen in die europäischen Prinzipien in die Pfeiler des Daseins waren zusammengebrochen. Der Mensch musste sich selbst neu entwerfen: Eine Chance und eine Panik, eine Freiheit und eine Verpflichtung zugleich.
Viele KünstlerInnen und FotografInnen von damals sind geprägt von der Weltkriegserfahrung, vom Zusammenbruch des Wertsystems durch die beiden gigantischen Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ed van der Elsken zum Beispiel, William Klein, Shomei Tomatsu, und eben auch Robert Frank. Sie alle haben, auf unterschiedliche Weise, den Weg in Richtung einer Subjektivierung der Betrachtung, des Dokumentierens der Welt gefunden.